Schenkenschanz und das Hochwasser

Die Rheinische Post von Samstag, dem 4. Februar 1995
berichtet im regionalen Teil:

Katastrophenalarm aufgehoben: Schänzer daheim

Menschen kehren in Dörfer zurück

Von LUDGER DIESTELKAMP

KREIS KLEVE. Der Katastrophenalarm ist aufgehoben. Die Menschen, die aus Angst vor einem Deichbruch bei Ooij und Kekerdom die Dörfer verlassen haben, können ab sofort in ihre Häuser zurückkehren, so der Krisenstab gestern abend. Die Tiere können auch aus dem »Exil« geholt werden. Diese Transporte dürfen sogar am Sonntag durchgeführt werden. Wegen Verkehrsbehinderungen wird darum gebeten, den Beschilderungen und Hinweisen der Polizei zu folgen. Die Deichstraßen bleiben gesperrt.

»Ich habe sie verwöhnt. Sie hat es auch verdient«, sagte Johanna Nellessen, als sie gestern ihre Freundin Maria Heiting zum Fährkopf brachte. Die Ur-Schänzerin Maria Heiting kehrte nach drei Tagen »Exil« auf dem Festland wieder in ihr Heimatdorf zurück. Mit der 72jährigen fuhren über das Hochwasser etwa 90 Frauen, Kinder und Alte zur Insel, die immer noch von der Flut eingekesselt ist. Die 30 auf der Festung gebliebenen Männer haben in den vergangenen Tagen und Nächten tapfer der Naturgewalt getrotzt, als sie Sandsäcke gegen Qualmwasser auslegten oder Keller auspumpten. Als die Evakuierten am Fährkopf eintrafen, warteten auf der anderen Seite bereits die Männer, die bei der Rückkehr freudig ihre Frauen und Kinder umarmten.

Ein Prosit auf die glückliche
Heimkehr
Ein Prosit auf die glückliche Heimkehr: Mit Bees stoßen die Frauen an, die mit ihren Kindern gestern nach dreitägigem »Exil« auf dem Festland nach Schenkenschanz zurückkehrten.

RP-Foto: Gottfried Evers

Die Schänzer waren fast ausnahmslos bei Verwandten oder Bekannten untergebracht – auch Maria Heiting. Johanna Nellessen hatte der Ur-Schänzerin sofort eine Unterkunft angeboten, als sie von der Evakuierung gehört hatte. Mit dem Telefon hielt die 72jährige – wie viele Schänzer – Kontakt mit der Familie. Maria Heiting sprach regelmäßig von ihrem Sohn, der zur Hochwasser-Truppe der Insulaner gehörte, sowie mit der Schwiegertochter und dem Enkelkind. Beide waren in Hasselt untergebracht. Eine junge Frau konnte es gestern schon gar nicht mehr erwarten, mit ihren Kindern in heimatliche Gefilde zurückzukehren. »Ich will nur noch nach Hause«, sagte sie. ...

 

Die NRZ von Samstag, dem 4. Februar 1995 berichtet:

»Freiwillig wären wir hier gar nicht weggegangen«

Schänzer kehrten in ihr Dorf zurück    Von CLAUDIA GRONEWALD

SCHENKENSCHANZ. Endlich war's soweit. Nach drei Tagen Zwangsevakuierung durften die »Schänzer« gestern nachmittag nach Hause zurückkehren. Ein Gewirr von Koffern, eilig gepackten Taschen und Körben wartete darauf, verladen zu werden. Eine Flußfähre der Bundeswehr brachte die Bewohner der Rhein-Halbinsel über den immer noch hoch stehenden Fluß.

Mit Kind und Kegel kehrten die
Schänzer Frauen zurück
Mit Kind und Kegel kehrten die Schänzer Frauen gestern in Ihr Dorf zurück.

NRZ-Foto: Wolfgang Remy

Die Vorfreude war riesengroß. Schließlich war die kleine Gemeinschaft für einige Tage auseinandergerissen. Dann kam das Kommando: »Ablegen!« Und los ging's, die erste Ladung Menschen und Gepäck setzte über. Spannend sei's gewesen, meinte die kleine Elena, jetzt aber freue sie sich auf Zuhause. »Wir wären nicht freiwillig weggegangen«, sagte die Schänzerin Ruth Böhling. »Da aber unser Georg erst fünf Jahre alt ist, mußten wir vernünftig sein.« Freudestrahlend stand auch die 72jährige Maria Heiting auf der Fähre. »Etwas Schöneres als nach Hause zu dürfen, gibt es nicht.« »Das war das erste Mal in meinem Leben, daß ich das Dorf wegen des Wassers verlassen habe. Nur im Krieg mußten wir schon mal gehen.« Aber auch damals war nicht Hochwasser der Grund. Beruhigend für sie, so Maria Heiting, sei gewesen, daß die Männer vor Ort hätten bleiben können, um nach dem Rechten zu sehen. Und die sehen's gelassen: »Es sah gefährlicher aus, als es war«, meinte Heinz Brücher, der zusammen mit einigen anderen die Stellung gehalten hatte.

Und: »Warum sollten wir gehen, hier ist es am sichersten«, sagte Heinrich Maaßen. Schenkenschanz: Kaum ein Ort am Niederrhein, der mit Hochwasser gelassener umgeht. Die Bewohner der Halbinsel leben mit dem Fluß und damit, daß er regelmäßig über die Ufer geht. Panik? Ein Ausdruck, der im Wortschatz der Schänzer offensichtlich gar nicht vorgesehen ist...

 

Die Rheinische Post von Montag, dem 6. Februar 1995 berichtet:

Die Schänzer kehren heim
Die Schänzer kehren heim: Mit einem Ponton der Bundeswehr wurden etwa 90 Evakuierte von Düffelward zur Insel gebracht.

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